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Satzspiegel
Als Satzspiegel oder Schriftspiegel wird in der Typografie die mit Text bedruckte Fläche auf der Seite eines Druckwerkes bezeichnet. Der Satzspiegel wird durch die Stege, also durch die Abstände zwischen dem Satzspiegel und dem Seitenrand- bzw. der Papierkante begrenzt. Mehrere Textspalten mit den dazwischenliegenden Stegen (Spaltenabständen) zählen immer zum Satzspiegel.
Die Bezeichnung Buchsatzspiegel wird heute in der Regel nur noch in der klassischen Buchtypografie für Bücher oder buchähnliche Druckerzeugnisse verwendet. Streng genommen zählt zur Bezeichnung »Buchsatzspiegel« das gesamte schematische Ordnungssystem einer Buch-Doppelseite, also auch die unbedruckten und bedruckten Flächen außerhalb des Satzspiegels (Kolumnentitel).
→ siehe auch Satzspiegelelemente
Stege
Die Abstände zwischen dem Satzspiegel und der Papierkante bzw. zwischen den Textspalten werden typografisch korrekt als Stege bezeichnet. Jeder Steg hat einen eigenen Namen, damit es nicht zu Verwechslungen kommt. Die Benennung der Stege erfolgt im Uhrzeigersinn. Bei einseitigen Druckprodukten beginnt man an der linken Kante. Die Bezeichnungen lauten:
- Links – linker Randabstand oder auch, je nach Produkt, als Heftrand1) bezeichnet
- Oben – oberer Randabstand
- Rechts – rechter Randabstand
- Unten – unterer Randabstand
Bei einem Buchsatzspiegel erfolgt die Benennung – je nach linker oder rechter Buchseite – gegen oder im Uhrzeigersinn. Man beginnt jeweils in der Mitte des Buches bzw. im Bund und die Bezeichnungen lauten:
- Bundsteg (Innen) – Randabstand zur Mitte bzw. zum Bund des Buches
- Kopfsteg (Oben) – oberer Randabstand, einschließlich Kopfzeile
- Außensteg (Außen) – äußerer Randabstand, einschließlich Marginalien
- Fußsteg (Unten) – unterer Randabstand, einschließlich Fußzeile
Satzspiegelermittlung
Für Bürodrucksorten (z.B. Korrespondenz, Präsentationen, Formulare, etc.) oder Akzidenzdrucksorten wie beispielsweise Visitenkarten, Flyer, Plakate, etc. braucht es streng genommen keine bestimmte Methode zur Satzspiegelermittlung. In der Regel können die verschiedenen Randabstände mehr oder weniger frei gewählt werden. Sie sind nur abhängig von etwaigen Vorgaben der Druckerei (z.B. wegen Sicherheitsabständen für die Produktion) und sollten dem jeweiligen Endformat verhältnismäßig angepasst sein.
Voreingestellte Werte in Textverarbeitungsprogrammen (z.B. Word von Microsoft®) aber auch in professionellen Layout- und Satzprogrammen (z.B. InDesign von Adobe®) sind nur bedingt einsetzbar und sollten jedenfalls vom Anwender korrigiert werden.
So schlägt beispielsweise InDesign von Adobe® in der deutschen Ausgabe – unabhängig vom eingegebenen Dokumentenformat – als Randabstand immer 12,7 mm vor. Das entspricht genau einem halben Zoll (1 Zoll = 25,4 mm) und ist natürlich für einen Flyer im Format DIN A6 genauso ungeeignet wie für ein Ganzbogenplakat im Format DIN A1.
Der voreingestellte Satzspiegel einer DIN A4 Seite in Word von Microsoft® beträgt beispielsweise in der Normalvorlage für »Links«, »Oben« und »Rechts« je 25 mm und für »Unten« 20 mm.
Die DIN 50082) sieht für Geschäftsbriefe im Format DIN A4 eine Vorlage mit einem linken Rand bzw. einem Bundsteg von 25 mm – aufgeteilt in 20 mm Heftrand und 5 mm Innensteg – und einen rechten Rand bzw. einen Außensteg von 20 mm vor. Für den Briefkopf sind als oberer Rand bzw. als Kopfsteg entweder 27 mm (Form A) oder 45 mm (B) plus einem zusätzlichen Abstand von 5 mm vorgesehen. Der untere Rand bzw. der Fußsteg und damit die Texthöhe ist nicht vorgegeben.
Satzspiegelkonstruktion
Zur Konstruktion von Satzspiegeln existieren seit Jahrhunderten in Bezug auf Aufbau, Technik, Wirtschaftlichkeit, Psychologie, Kultur und Ästhetik unterschiedliche Meinungen. Allerdings sind sich renommierte Typograf·innen einig, dass ästhetisch ausgewogene Buchsatzspiegel spürbar den Leseprozess optimieren. Beispielsweise erhöhen großzügige Stege die Konzentration auf den eigentlichen Text und bieten auch genügend Platz für die Hände beim Halten eines Buches.
Für die Ermittlung eines Buchsatzspiegels bzw. für den Satzspiegel von anspruchsvollen Broschüren oder Katalogen ist die freie Wahl der Stege jedoch keine geeignete Methode. Hier sollte die Satzspiegelkonstruktion nach mathematischen oder geometrischen Konstruktionen erfolgen, damit das optische Gesamtergebnis auch gewissen ästhetischen Proportionen gerecht wird. Der Entwurf eines Satzspiegels gehört in den Bereich der Makrotypografie.
Ein Buch- oder Broschürensatzspiegel wird immer für eine Doppelseite ermittelt und beinhaltet das Seitenformat, die unbedruckten Flächen (Bundsteg, Kopfsteg, Außensteg, Fußsteg), der Gestaltungsraster (Zeilen-, Bild-, Tabellen- und Flächenraster, Zeilenabstand, Zeilendurchschuss, Satzspalten, Satzbreite, Schriftsatzarten, Spaltenabstand, Headlines, Tabellen) und die bedruckten Flächen außerhalb des Registers (lebender und toter (Kolumnentitel) Kolumnentitel, Legenden, Pagina, Fußnoten, Marginalien). Bei einem klassischen Buchsatzspiegel wird zur Vervollständigung der jeweils ermittelte Satzspiegel auf die gegenüberliegende Seite (»Verso« oder »Recto«) gespiegelt.
Teilungsverhältnis der Stege
Im Mittelalter wurde bei einem Papierformat mit dem Seitenverhältnis von 2∶3 oft ein Verhältnis von Bundsteg ∶ Kopfsteg ∶ Außensteg ∶ Fußsteg von 2∶3∶4∶5 oder 2∶3∶4∶6 verwendet; bei einem Papierformat mit 3∶4 auch ein Verhältnis von 3∶4∶6∶8. Eine Ermittlungsmethode der Länge für eine Basiseinheit dieser Verhältniszahlen ist beispielsweise das Teilen der kürzeren Seite des verwendeten Papierformats (in mm) durch die Zahl 24.
Rasterteilung
Schon seit dem 1. Jahrhundert gehörte die Konstruktion von »Kodexregistern« zum Standardrepertoire eines Kalligraphen oder Kopisten.
Bei der Rasterteilung wird die Druckseite horizontal und vertikal in die gleiche Anzahl von Rasterfeldern aufgeteilt. Dabei ist eine Aufteilung in 9 × 9 Felder (Neunerteilung) üblich, was annähernd ein Ergebnis wie die Aufteilung nach dem Goldenen Schnitt liefert. Am Bund- und Kopfsteg bleibt jeweils ein Rasterfeld, am Außen- und Fußsteg jeweils zwei Rasterfelder frei. Daraus ergibt sich ein Stegverhältnis von 1∶1∶2∶2.
Diagonalkonstruktion
Dieses klassische Konstruktionsverfahren bedient sich der Diagonalen, die einerseits über die Doppelseite gezogen werden, sowie jeweils der Diagonalen der Einzelseiten, die aus dem Bund von oben nach unten gezogen werden. Auf den Diagonalen liegen nun die Eckpunkte eines Rechtecks, das durch parallele Hilfslinien zu den Dokumentenrändern den Satzspiegel begrenzt. Mit dieser Methode können innerhalb der Diagonalen beliebige Satzspiegel gezogen werden.
Villardscher Kanon
Mit dem Konstruktionsverfahren nach dem Villardschen Teilungskanon erfolgt eine Eingrenzung des Satzspiegels gegenüber der Diagonalkonstruktion auf nur mehr eine Position, die dann auch annähernd dem Teilungsverhältnis des Goldenen Schnitts entspricht.
Der Konstruktionsablauf entspricht im Großen und Ganzen dem der Diagonalkonstruktion, jedoch erfolgt die Ermittlung des ersten Eckpunktes des Rechtecks für die Satzspiegelbegrenzung nicht über eine freie Annahme, sondern über zwei zusätzliche Konstruktionsschritte (siehe Grafik). Damit ist die Position des Satzspiegels fixiert und nur mehr in einer Größe möglich. Dieses Konstruktionsverfahren liefert auch annähernd das gleiche Ergebnis wie die Neunerteilung.
Fibonacci-Zahlen
Der Buchsatzspiegel bzw. das Verhältnis von bedrucktem zu unbedrucktem Raum sollte in einem Verhältnis stehen, das den Betrachter·innen harmonisch erscheint. Um dieses subjektive Ziel zu erreichen, setzt das Druckereihandwerk seit jeher auf Konstruktionsverfahren, die Maße im Teilungsverhältnis des Goldenen Schnitts verwenden oder durch benachbarte Zahlen der Fibonacci-Reihe2) diesem angenähert sind.
Aus den Fibonacci-Zahlen 0, 1, 1, 2, 3, 5, 8, 13, 21, 34, 55, 89, 144, 233, 377, 610 (…) kann beispielsweise ein Seitenformat im Verhältnis des Goldenen Schnitts (1:1,618) bestehend aus einem Raster von 21 x 34 Quadraten und ein Satzspiegel aus 13 x 21 Quadraten (1:1,619) mit einem Bundsteg von 3 Quadraten, einem Kopf- und Seitensteg aus 5 Quadraten abgeleitet werden.
Texte: Eigeninterpretationen des Autors, sowie auszugsweise aus typolexikon.de, Wikipedia und dem Schulbuch »Medien verstehen – gestalten – produzieren«, vereinfacht formuliert und für Berufsschüler·innen aufbereitet.
Grafiken: © Christian Jungmeier